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Rezension
»Iut de Asken« Magazin
Band 4 (Winter 2008/2009)
Zuerst einmal muss man zum neusten Band des »Iut de Asken« sagen, dass es sich dabei um drei nahezu werbefreie Einzelhefte mit CD-Beilage und Poster handelt. Layout und Aufmachung sind superprofessionell. Auf den ersten Blick könnte es ein Hochglanzmagazin vom Zeitschriftenhändler sein. Die drei Hefte plus Beilagen werden in einer schicken Präsentationsmappe vereint, was den zuerst einmal teuer klingenden Preis von 10 Euro wieder in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt (denn 3 bis 4 Euro pro Heft sind ja sogar günstig). Es handelt sich also – wie die Redaktion auch selbst erklärt – tatsächlich um ein Magazin, bei dem lediglich kostendeckend ohne jede Gewinnabsicht gearbeitet wird.
Dieser idealistische Ansatz ist beim Lesen allgegenwärtig. Da werden politisch inkorrekte Aussagen getroffen, die fast hundertprozentig zu Ärger führen müssen, da werden anspruchsvolle Aufsätze veröffentlicht, die den Durchschnittsmetaller wahrscheinlich überfordern, und da werden vollkommen unbekannte Demo-Bands in seitenlangen Interviews vorgestellt, obwohl sie noch keine kaufkräftige Fan-Basis haben. Alles sehr sympathisch und vor allem: Alles sehr lesenswert! Insbesondere die Interviews verdienen ein besonderes Lob, denn hier stimmt einfach alles: Man unterhält sich wie gesagt absolut tabulos, die Gespräche sind niemals oberflächlich sondern sehr gründlich, sehr ausführlich, zuweilen auch kritisch den Bands gegenüber, die befragten Musiker sind in den meisten Fällen ziemlich eloquent, und auch die schlichte Frage-Antwort-Form finde ich optimal. Ich bin nämlich ein Gegner dieser weit verbreiteten und sehr unseriösen Art, »Stories« zu schreiben, bei denen der Redakteur die Band vorstellt und lediglich ein paar Zitate aus dem Gespräch einbaut, denn bei solchen Stories kann man einen Idioten als Genie und manchmal auch ein Genie als Idioten verkaufen, es wird weniger Aussage transportiert und die Übersichtlichkeit geht verloren. Deshalb war eine Story z. B. im »Spiegel« lange undenkbar (inzwischen präsentiert man aber auch dort so einen Schrott, meist mit dem Ziel, den Leser zu manipulieren). Die Frage-Antwort-Form des »Iut de Asken« kommt außerdem meinem Leseverhalten entgegen, denn ich lese bei Interviews alle Fragen, die Antworten aber nur dann, wenn sie mich interessieren (Bandgeschichte, bisherige Veröffentlichungen und so was sind mir nämlich meistens egal). Übrigens gilt diese Preisung nicht nur für das aktuelle »Iut de Asken«. Schon die erste Ausgabe begann mit einem absolut grandiosen »Ancient Rites« Interview.
Soweit also ein makelloses Magazin: Aufmachung, journalistische Leistung, Inhalt, Gesprächsführung – alles super! Gibt es überhaupt einen Makel? Das kommt wohl auf den Musikgeschmack an. Wer auf puren untergrundigen Black Metal mit räudigem Sound steht, der sollte sich dieses Magazin sofort und bedenkenlos kaufen. Wer keinen Black Metal hört, wird hier kaum eine musikalisch relevante Band finden. Und wer (so wie ich) beim Begriff »Black Metal« zuerst mal an professionelle und musikalisch hochwertige Bands wie »Satyricon« oder gar »Dimmu Borgir« denkt, der muss bei der Lektüre des »Iut de Asken« und vor allem beim Anhören der CD-Beilage oft ein Maximum an musikalischer Toleranz beweisen.
Um mal ein extremes Negativbeispiel zu nennen: Bands wie »Todesstoß« werden (bzw. wurden) auf dem hauseigenen »Blutvergießen« Label veröffentlicht, bekommen natürlich auch gute Rezensionen (wäre ja auch unlogisch, wenn die Redakteure Bands unter Vertrag nehmen, die ihnen selbst nicht gefallen) und leisten Beiträge für die »Iut de Asken« CD-Compilation. Ich schätze den Chefredakteur sehr für seinen Idealismus, seine journalistische Arbeit, seinen Scharfsinn, seine Toleranz und zuweilen auch für seinen Musikgeschmack (AC/DC zählt z. B. auch zu seinen Lieblingsbands). Aber wenn ich »Lieder« wie die von »Todesstoß« höre, muss ich mich ehrlich gesagt schon fragen, wie jemand vom Format des Chefredakteurs sich musikalisch solche geschmacklichen Ausrutscher erlauben kann. Ich habe schon mit einem alten Kassettenrekorder im Proberaum Ideen festgehalten und das Resultat klang besser als diese »Produktionen«. Ich habe mich schon mit sinnlosen Improvisationen vor einem Auftritt warmgespielt und dabei besseres Material hervorgebracht, als diese »Musiker«. Und zwar nicht, weil ich besonders talentiert bin. Wenn ich so einen Schrott höre, frage ich mich, ob das überhaupt ernst gemeint sein kann. Wollen die mich verarschen? Bin ich bei »Versteckte Kamera«?
Ein zweites Beispiel, mit dem ich illustrieren will, dass mir nichts ferner liegt, als die »Iut de Asken« Redaktion oder die Musiker hinter solchen Projekten zu kritisieren, sondern nur die Musik selbst, und hier insbesondere die idiotisch schlechte Tonqualität: In der letzten Ausgabe des »Iut de Asken« gab es ein Interview mit Cornelius Waldner. Der hat mit »Hailstorm« über das »Blutvergießen« Label fast genauso inakzeptablen Schrott veröffentlicht wie »Todesstoß«, obwohl er nicht nur ein intelligenter Mensch zu sein scheint, sondern mit dem schönen Neoklassik Album »Songs from the Ivory Tower« von »Sagittarius« sogar eine atmosphärische und gut produzierte Veröffentlichung vorzuweisen hat. Entweder hat er also inzwischen gelernt, wie man ein Album aufnimmt, oder die schlechte Produktion und die konventionellen Kompositionen bei »Hailstorm« waren tatsächlich Absicht. Selbst wenn das so sein sollte, ändert das allerdings nichts an meinem Urteil. Wenn ich als Koch jeden Tag im Restaurant das Abendessen verbrennen lasse, dann bin ich eben ein schlechter Koch, der ungenießbares Essen zubereitet – ob absichtlich oder nicht spielt keine Rolle.
Meine musikalische Toleranzgrenze wird also leider zuweilen beim »Iut de Asken« deutlich überschritten, was natürlich nicht heißt, dass alle dort präsentierten Bands schlecht sind (ich bin ja auch selbst mit drauf). Ein für meine Begriffe optimales Magazin würde den journalistischen Sachverstand der »Iut de Asken« Redaktion mit dem musikalischen Sachverstand der »Rock Hard« Redaktion vereinen (denn Lieder von so minderwertiger Qualität wie die von »Hailstorm« oder »Todesstoß« würden nie ihren Weg auf eine »Rock Hard« CD finden, sondern verdient als »Arschbombe des Monats« enden). Da es so ein Magazin (noch) nicht gibt, muss man leider wählen: Entweder musikalischer Sachverstand bei null Inhalt, null Tiefgang, null intellektuellem Niveau und hundertprozentiger weltanschaulicher Zensur beim »Rock Hard« oder journalistischer Sachverstand mit super Inhalt, viel Tiefgang und hohem Niveau bei stellenweise auftretendem musikalischen Analphabetismus im »Iut de Asken«. Für mich ist die Entscheidung leicht zu treffen, denn Magazine sind ja schließlich nicht zum Hören, sondern zum Lesen da, und beim »Iut de Asken« kommt jeder anspruchsvolle, freigeistige und interessierte Leser voll auf seine Kosten! Außerdem ist das Magazin natürlich alleine durch das längste Megalith-Interview aller Zeiten locker seinen Kaufpreis wert (Bescheidenheit ist mein zweiter Vorname).
Fazit: Klare Kaufempfehlung!
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